Demenz-Wohngemeinschaft PflegeWiki

Eine Demenz-Wohngemeinschaft ist eine Wohn- und Betreuungsform für Menschen mit einer Demenz-Erkrankung, die zwischen der ambulanten Versorgung in der bisherigen Wohnung und der stationären Versorgung in einem Pflegeheim angesiedelt ist. Sie soll den Bewohnern das erforderlich Maß an Betreuung und Versorgung gewährleisten, durch eine familiäre Atmospäre und überschaubare Strukturen aber mehr Selbständigkeit und Selbstbestimmung ermöglichen als dies in der Regel in einem Heim möglich ist. Die Bewohner der Wohngemeinschaft versorgen sich, soweit noch möglich, selbst und werden durch ambulante Pflegedienste und Angehörige betreut. Der Betreuungsbedarf liegt oft weniger im Bereich der Grundpflege als bei Hilfen zur Bewältigung des Alltags und in der Vermittlung der Alltagsorientierung.

Durchschnittlich wohnen 6 bis 8 demenziell erkrankte Menschen in einer entsprechend großen Wohnung und jeder bezieht ein Zimmer. Gemeinsam haben sie eine Küche, Wohnzimmer, mehrere Toiletten und Bäder und ggf. weitere Räume[1][2]. Bei 2 bis 3 Personen ist das prinzipiell auch möglich, nur erhöhen sich die anteiligen Kosten. Genaueres regelt das landesspezifische Wohnteilhabegesetz, z.B. sieht die Regelung in Berlin eine Bewohnerzahl von 3-12 pro WG vor.[3]

Durch die Abstimmung der Leistungen der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, evtl. des Sozialamtes und eines einkommensabhängigen Eigenanteils ist es möglich, die Pflege und Betreuung so zu organisieren, dass rund um die Uhr jemand da ist, der sich um sie kümmert. Natürlich wird hier auch mit einer praktischen Unterstützung durch die Angehörigen gerechnet, die allerdings frei vereinbart wird. Ähnlich wie einst im Studentenleben lebt es sich eben auch im Alter gemeinsam preisgünstiger. Und man ist nicht alleine.

Die Möbel werden von zu Hause mitgebracht und auch eine Waschmaschine wird hier gebraucht. Jeder möbliert sein eigenes Zimmer. Die Gemeinschaftsräume werden von allen gemeinsam eingerichtet, so dass die lebensgeschichtlich bedeutsamen Dinge von jedem WG-Mitglied wiedererkannt und benutzt werden können. Teller und Tassen wandern z. T. in den gemeinsamen Küchenschrank und werden täglich zu den Mahlzeiten benutzt.

Soweit es die Persönlichkeit und der gesundheitliche Zustand zulässt, bringen sich die Senioren in den Alltag ein, z. B. wird unter Anleitung gemeinsam eingekauft, gekocht, geputzt, gewaschen - kurzum der Haushalt versorgt. Des Weiteren beschäftigt man sich mit Singen, Basteln, Spaziergängen usw. Dies beinhaltet nicht nur den Erhalt der motorischen und kognitiven Ressourcen, sondern vermeidet auch Tendenzen zum Rückzug, Apathie und Bewegungsmangel.

Für das Gelingen einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft ist die Haltung und Qualifizierung der in der WG arbeitenden Pflegefach- und Hilfskräfte von entscheidender Bedeutung. Menschen mit Demenz sind sehr verletzlich. Das Team einer Wohngemeinschaft muß in der Lage sein, z. B. mit Herausforderndem Verhalten (Ängste, Schreien, Weglaufen wollen etc.) richtig umzugehen.

Wesentliche notwendige Kenntnisse bestehen z. B. in den Bereichen Biografiearbeit, personzentrierte und familienorientierte Pflege, validierende Kommunikation, gute Kenntnisse der medizinisch-pflegerischen Versorgung, Mobilitätsförderung und Sterbebegleitung. Dies sind wichtige fachliche Konzepte die sicherstellen, dass die WG nicht zu einer Zwischenstation wird, sondern der Betroffene dauerhaft ohne Zwangsmaßnahmen in dieser menschenwürdigen Wohnform leben kann.

Eine Finanzierung ist über individuelle Sozialleistungsansprüche der Bewohner möglich.

Für die erforderliche Pflege können die Mitglieder der Wohngruppe, die mindestens die Pflegestufe 1 haben, Pflegegeld oder häusliche Pflegehilfe der Pflegeversicherung (§§ 36, 37 und 38 SGB XI) oder der Hilfe zu Pflege nach dem Sozialhilferecht beanspruchen (§§ 63, 64 SGB XII). Mit der Pflegestufe 2 und 3 kann die Finanzierung nach Stellung eines speziellen Antrags auch nach Tagessätzen abgerechnet werden.

Ist in einer ambulant betreuten Wohngruppe mit mindestens drei pflegebedürftigen Bewohnern eine Pflegekraft tätig, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet, kann nach § 38a SGB XI zusätzlich zum Pflegegeld oder der häuslichen Pflegehilfe pro Pflegebedürftigem ein pauschaler Zuschlag in Höhe von 200 Euro monatlich beantragt werden.

Miete und Haushaltskosten, die egal an welchem Wohnplatz anfallen, müssen gesondert finanziert werden aus dem Einkommen der Bewohner oder aus Mittel der Sozialhilfe.

Wird eine ambulant betreute Wohngruppe neu gegründet, so können von der Pflegekasse nach § 40 Abs. 4 SGB XI zur Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, bis zu 2.557 Euro je Pflegebedürftigem, höchstens 10 228 Euro je Wohngruppe gewährt werden. Zusätzlich kann nach § 45e SGB XI für die altersgerechte oder barrierearme Umgestaltung der gemeinsamen Wohnung eine Betrag in Höhe von 2.500 Euro je Pflegebedürftigem, höchsten 10.000 je Gruppe beansprucht werden.

Bei der Organisation von Wohngemeinschaften für demenzbetroffene Menschen (wie auch bei vergleichbaren "Neuen Wohnformen") treten allerdings häufig Probleme auf, die nur schwer zu lösen sind. Neben den rein strukturellen Problemen (Wie finde ich geeignete Mitbewohner und eine entsprechend ausgestattete Wohnung?) müssen auch noch eine Reihe anderer Schwierigkeiten bedacht werden:

- Organisation: Wie werden in der WG Entscheidungen getroffen und umgesetzt? Wer sind die Vertragspartner im Mietvertrag? Was passiert, wenn jemand stirbt oder einen anderen Pflegedienst haben will?

Auch muss man sich zumindest von einem Teil seiner eigenen Einrichtung trennen, da für den persönlichen Bereich - aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen - oftmals nur ein kleines Zimmer vorgesehen ist.

- Rechtliche Aspekte: Je nach Organisationsform und Träger kann es durchaus sein, dass die Wohngemeinschaft unter das Heimgesetz fällt, was u.U. weitreichende Auswirkungen für die WG hat.

- Finanzielle Aspekte: Die Organisation einer solchen Wohngemeinschaft ist i.d.R. nicht ganz so einfach zu kalkulieren wie bei einer gewöhnlichen Wohngemeinschaft. Der Unterstützungs- und Pflegebedarf, sowie die Gegenfinanzierung über zum Teil verschiedene Bereiche des Sozialsystems erfordern oftmals großes Fachwissen, organisatorische und rechtliche Kenntnisse (auch hinsichtlich der Situation in der Kommune vor Ort)und einiges an Energie für die Umsetzung.

  1. Wolf-Ostermann K., Worch A., Wulff I., Gräske J. (2011): Ambulant betreute Wohngemeinschaften für pflegebedürftige ältere Menschen Angebots- und Nutzerstrukturen. Praxis Klinische Verhaltensmedizin und Rehabilitation. 84(2): 83 96.
  2. Wolf-Ostermann K., Fischer, T. (2010): Mit 80 in die Wohngemeinschaft Berliner Studie zu Wohngemeinschaften für pflegebedürftige Menschen, Pflegewissenschaft 2010 (5) 261 72.
  3. [1], Berliner Wohnteilhabegesetz §4.

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